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Bericht vom AGA Komitee Schulter-Arthrose 2020

Die Ereignisse des Jahre 2020 machten auch vor dem AGA Komitee Schulter-Arthrose nicht halt. Im März dieses Jahres konnte der 5. AGA-Akademie-Kurs-Schulter noch knapp vor dem allgemeinen Shut-Down an der Universität Düsseldorf durchgeführt werden. Es gab schon die ersten Reiseverbote insbesondere für die Industrie, aber dank dem großen Einsatz der Organisatoren P.D. Dr. Thilo Patzer, Prof. Dr. Dirk Maier und P.D. Dr.  Wolfgang Nebelung wurde es eine erfolgreiche Veranstaltung, die neben den Kollegen der anderen Subkomitees Schulter auch durch die Mitglieder des Schulter-Arthrose Komitees substantiell verstärkt wurden.

Unter dem Titel „Vom Knorpelschaden zur Omarthrose – ein Update 2020“ hatte unser Komitee eine schöne und aktuelle Sitzung für den diesjährigen AGA-Kongress geplant. Leider kann diese interessante Sitzung, in welches sämtliche Aspekte der frühen Arthrose an der Schulter inkl. der konservativen Therapie betrachtet werden sollte, aus den bekannten Gründen nun erst einmal nicht stattfinden. Wir hoffen aber, dass es bald wieder eine Möglichkeit geben wird, um diese Sitzung stattfinden zu lassen.

Noch unter Leitung unseres letzten Vorsitzenden P.D. Dr. Thilo Patzer, P.D. Dr. Jens Agneskirchner und Dr. Matthias Flury unterstützt durch unser Komitee ist für 05/2020 das Themenheft Omarthrose für die Zeitschrift Arthroskopie und Gelenkchirurgie entstanden. In diesem Themenheft wird die gesamte Bandbreite von der Früharthrose bzw. dem fokalen Knorpelschaden bis zur Therapie der fortgeschrittenen Arthrose vorgestellt. Auch die Thematik der Diagnostik wurde hier explizit betrachtet.

 Diese wurde auch durch die elektronische Umfrage des Komitees zur Frage der aktuellen Behandlungsstrategie bei Knorpelschäden am Schultergelenk als „Key-Finding“ festgestellt. In der Umfrage zeigte sich, dass gerade Knorpelschäden am Schultergelenk oft zufällige Befunde sind, die erst intraoperativ in ihrem Ausmaß festgestellt werden. Gerade deshalb besteht ein großes Bedürfnis nach arthroskopischen Therapien auch im frühen Stadium, welche aber noch immer nicht flächendeckend eingesetzt werden können und deren Evidenz aus klinischen Studien quasi noch nicht vorhanden ist. Die Ergebnisse der Umfrage werden momentan noch abschließend ausgewertet und zur Publikation vorbereitet. Hieraus aufbauend sind dann weitere Studien geplant, die den Einsatz von Knorpelregenerativen Techniken auch an der Schulter untersuchen sollen.

Ein weiterer Fokus unserer zukünftigen Komitee-Arbeit soll auf dem Zusammenhang von Läsionen der Rotatorenmanschette und der Entstehung der Omarthrose gelegt werden. Erste biomechanische Arbeiten weisen hier auf deutliche Druck und Scherkraftveränderungen des Schultergelenks hin, welche durch eine erfolgreiche Rekonstruktion der Rotatorenmanschette wieder normalisiert werden können.

Insgesamt hoffen wir, dass sich die Bedingungen für Kongresse und produktive Komitee-Meetings in den nächsten Monaten wieder bessern werden, so dass auch die Arbeit des Komitees im so wichtigen persönlichen Kontakt fortgesetzt werden kann. Ob per digitalem Video-Meeting oder analogem Treffen freuen wir uns auf die weitere gemeinsame Arbeit des Komitees in den nächsten Monaten!

PD Dr. med. Knut Beitzel 
Leiter des Komitees

 

Sehen Sie HIER die Mitglieder und Gäste des Komitees.

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Informationen Komitee SCHULTER-ARTHROSE

Aufgaben:

Das AGA Komitee Schulter-Arthrose beschäftigt sich mit klinisch relevanten wissenschaftlichen Fragestellungen, die sich mit fokalen Knorpelschäden bis zur Früharthrose des Glenohumeralgelenks. Hierbei interessiert vor allem die Ätiopathogenese der Knorpelschäden und Arthrose und deren Therapie.

Insbesondere ist jedoch auch die Detektion der Knorpelschäden von Belang, da viele Knorpelschäden nur als Zufallsbefund während der Arthroskopie erkannt werden.

Von Komitee-Mitgliedern (TP, JK) wurden bereits diverse grundlegende Arbeiten zur Entstehung der glenohumeralen Knorpelschäden publiziert. Hier spielt insbesondere die Rolle der instabilen langen Bizeps-Sehne bei SLAP- und Bizeps-pulley-Läsionen eine Rolle, wobei die lange Bizeps-Sehne Scheinbenwischer-artig den humeralen Knorpel beschädigt.

 

Influence of SLAP lesions on chondral lesions of the glenohumeral joint.
Patzer T, Lichtenberg S, Kircher J, Magosch P, Habermeyer P.
Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2010 Jul;18(7):982-7. doi: 10.1007/s00167-009-0938-2. Epub 2009 Oct 17.

Increased glenohumeral translation and biceps load after SLAP lesions with potential influence on glenohumeral chondral lesions: a biomechanical study on human cadavers.
Patzer T, Habermeyer P, Hurschler C, Bobrowitsch E, Paletta JR, Fuchs-Winkelmann S, Schofer MD.
Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2011 Oct;19(10):1780-7. doi: 10.1007/s00167-011-1423-2. Epub 2011 Feb 22.

The influence of superior labrum anterior to posterior (SLAP) repair on restoring baseline glenohumeral translation and increased biceps loading after simulated SLAP tear and the effectiveness of SLAP repair after long head of biceps tenotomy.
Patzer T, Habermeyer P, Hurschler C, Bobrowitsch E, Wellmann M, Kircher J, Schofer MD.
J Shoulder Elbow Surg. 2012 Nov;21(11):1580-7. doi: 10.1016/j.jse.2011.11.005. Epub 2012 Feb 24.

Humeral head abrasion: an association with failed superior labrum anterior posterior repairs.
Patzer T, Habermeyer P.
J Shoulder Elbow Surg. 2012 May;21(5):e24-5. doi: 10.1016/j.jse.2011.08.060. Epub 2011 Nov 21. No abstract available.

 

Ein weiterer Ansatz zur Ätiopathogenese der glenohumeralen Knorpelschäden stellt das Konzept des critical-shoulder-angles bzw. des Akromion-Index dar. Diesbezüglich zeigte eine Studie aus dem Komitee den Zusammenhang eines niedrigen critical-shoulder angles bei SLAP-Läsionen und damit wurde der Zusammenhang der SLAP-Läsionen und glehohumeralen Knorpelschäden bestärkt.

Zur Therapie der fokalen glenohumeralen Knorpelschäden eignen sich die autologen Knorpelersatz-Verfahren wie OATS und ACT. Zur OATS am Glenoid wurden bereits Ergebnisse von Komitee-Mitgliedern publiziert (JK).

Fokale humerale Knorpel-Defekte lassen sich partiell metallisch überkronen. Hier zeigte die arthroskopisch implantierbare PartialEclipseTM gute Resultate, die von Komitee-Mitgliedern (LP, DS) als Mitautoren veröffentlich wurden.

Im Focus der Therapie der Arthrose des jüngeren Pat. bzw. der Früharthrose steht das comprehensive arthroscopic management, die sogenannte CAM-Prozedur. Auch hiermit beschäftigen sich einzelne Mitarbeiter des Komitees.

Ein wichtiger Schwerpunkt in Bezug auf glenohumerale Knorpelschäden ist die Detektion. Zur Optimierung der Detektion von glenohumeralen Knorpelschäden wurde 2017 in der Zeitschrift für Obere Extremität ein Kapitel unter Mitarbeit eines Komitee-Mitglieds publiziert (TP). Weitere Mitglieder nehmen sich dieses Themas an (RM).

Weitere Schwerpunkte unserer Komiteearbeit sind die theoretische und praktische Aus- und Weiterbildung von Student(inn)en und Kolleg(inn)en sowie die spezifische Nachwuchsförderung.

Wir freuen uns sehr über Ihr Interesse an unserer Arbeit. Falls Sie aktiv im Komitee mitarbeiten möchten, können Sie gerne ein entsprechendes Motivationsschreiben an den AGA-Vorstand richten. 

 

Aktuelle Projekte:

Umfrage zur Prävalenz, Ätiopathogenese und Therapie der fokalen glenohumeralen Knorpelschäden

Als Grundlage für weitere Studien wurde eine online-Umfrage an alle Schulter-spezifischen AGA-Instruktoren geschickt, um einen Überblick über die Prävalenz, Ätiopathogenese und Therapie der fokalen glenohumeralen Knorpelschäden zu gewinnen. Diese Studie ist zunächst abgeschlossen und wird gegenwärtig ausgewertet. Geplant ist die Erweiterung der Umfrage an alle AGA-Arthroskopeure.

 

Die Therapie fokaler glenohumeraler Knorpelschäden mit autologem Knorpel (J. Kircher):

Eine Option zur Therapie umschriebener unipolarer Knorpeldefekte ist die autologe Knorpel-Knochen-Transplantation. Die Entnahme der osteochondralen Zylinder kann entweder am postero-superioren Humeruskopf (Nageleintrittspunkt) erfolgen oder aus dem Kniegelenk. Letztere Variante ist mit einer gewissen Entnahmemorbidität an einem an sich gesunden Gelenk verbunden. Die mittelfristigen Ergebnisse (9 Jahre posteoperatives Follow-up) zeigen eine dauerhafte Verbesserung der objektiven als auch der subjektiven Befunde mit einer sehr guten Rate an knöcherner Integration und Wiederherstellung einer kongruenten Gleitfläche im Gelenk.

Kircher J, Patzer T, Magosch P et al. Osteochondral autologous transplantation for the treatment of full-thickness cartilage defects of the shoulder: results at nine years. J Bone Joint Surg Br 2009; 91: 499-503, 10.1302/0301-620X.91B4.21838

Scheibel M, Bartl C, Magosch P et al. Osteochondral autologous transplantation for the treatment of full-thickness articular cartilage defects of the shoulder. The Journal of bone and joint surgery British volume 2004; 86: 991-997

 

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Postoperatives MRT 6 Monate nach OAT vom ipsilateralen Kniegelenk in den Humeruskopf. Der osteochondrale Zylinder (Pfeil) in der Frontalansicht  ist komplett knöchern integriert mit bündiger knorpeliger Oberfläche (links). Die Stufe in der subchondralen Knochenlamelle resultiert aus der unterschiedlichen Knorpeldicke von Donor und Rezipient. Rechts im dGEMRIC-MRT zeigen die knorpelsensitiven Sequenzen eine lückenlose Füllung des Defektes mit normalem Signal im Vergleich zur Umgebung.

Kircher J. Knorpeltherapie in anderen Gelenken - Schultergelenk. In: Fritz JA, D.; Niemeyer, P., Hrsg. Knorpeltherapie. Berlin, Boston: deGruyter; 2016:242-247

 

Die Therapie fokaler glenohumeraler Knorpelschäden mit Mikrofrakturierung/ Chondrozytentransplantation (K. Beitzel):

Ziel der Mikrofrakturierung ist die Induktion eines Regeneratknorpelgewebes durch Einwanderung von mesenchymalen Stammzellen nach Eröffnen der subchondralen Lamelle. Dieses Verfahren kann bei symptomatischen, fokalen Knorpeldefekten von 1–2 cm2, Grad III–IV nach ICRS (International Cartilage Repair Society) angewendet werden. Hierbei ist jedoch eine strenge Indikationsstellung bei korrespondierenden Knorpelschäden («kissing lesions«) notwendig.

Nach arthroskopischer Evaluation sowie Dokumentation des Knorpelschadens wird mittels Ringkürette oder scharfem Löffel eine stabile Randleiste im gesunden Knorpel geschaffen. Die Defektzone wird bis zum subchondralen Knochen debridiert. Im Anschluss erfolgt das Eröffnen des subchondralen Knochens mit Hilfe von Mikrofrakturierungsahlen.

Bisher wurden nur wenige Studien zu den klinischen Ergbnissen publiziert. Millett et al konnten 2009 bei 24 Patienten sehr vielversprechende Resultute zeigen. Eine vergleichbare Verbesserung der klinischen Scores wurden 2010 auch durch Frank et al. Bei 16 Patienten publiziert. (Millett PJ, Huffard BH, Horan MP, Hawkins RJ, Steadman JR. Outcomes of full-thickness articular cartilage injuries of the shoulder treated with microfracture. Arthroscopy. 2009; Frank RM, Slabaugh M, Cole BJ. Resurfacing of isolated articular cartilage defects in the glenohumeral joint with microfracture: surgical technique and case report. Am J Orthop. 2010) Grundsätzlich sollte die Mikrofrakturierung jedoch auf eine gezielte Indikationsstellung limitiert werden. V.a. der subchondrale Knochen sollte keine pathologischen Veränderungen zeigen und der Defekt sollte als rein chondral definiert werden.

 

Als Alternativen zur Mikrofrakturierung finden sich mittlerweile auch einzelne Fallserien zu Knorpelzelltransplantationen und Matrix assoziierter Reimplantation der gezüchteten Knorpelzellen. (Buchmann S., Salzmann G.M., Glanzmann M.C., Wörtler K., Vogt S., Imhoff A.B.: Early clinical and structural results after autologous chondrocyte transplantation at the gleno-humeral joint. J Shoulder Elbow Surg. 2012)

Hierbei gelten ähnliche Indikationskriterien, allerdings können größere Defekte als mit der reinen Mikrofrakturierung therapiert werden. Der Nachteil dieser Verfahren ist 1) die zweizeitige Prozedure mit einem Ersteingriff, bei dem Zellen entnommen werden müssen und 2) die meist notwendige Luxation des Humeruskopfes mit Absetzen des M. subscapularis, welche für die Membranassoziierten Verfahren meist notwendig ist.

Die Entwicklung von Knorpelzellsuspensionen auf Albumin/Hyaloron Gel-Basis könnte hier in Zukunft aber eine deutlich weniger invasive Applikation ermöglichen und diese Verfahren dann rein arthroskopisch anwendbar machen. Klinische Ergebnisse liegen zu diesen Verfahren jedoch noch nicht vor.

 

Die Therapie fokaler humeraler Knorpelschäden mit dem arthroskopischen PartialEclipseTM-Implantat (T. Patzer):

 

Die CAM Procedure (R. Meller):

Die Therapie der Omarthrose bei jüngeren Patienten mit hohem Aktivitätsniveau stellt eine Herausforderung für den orthopädischen Chirurgen dar. Die Endoprothetik erzielt in diesem Kollektiv häufig nur unbefriedigende klinische Ergebnisse bei begrenzter Standzeit der Prothese.

Neben einer relevanten Schmerzreduktion sowie Verbesserung der Beweglichkeit und Patientenzufriedenheit kann durch arthroskopische Verfahren eine teils deutliche Verzögerung der Endoprothesenimplantation erreicht werden. Von besonderer Bedeutung scheint neben der débridierenden Komponente die umfassende Adressierung aller relevanten Begleitpathologien des arthrotisch veränderten Schultergelenks. Eine Weite des glenohumeralen Gelenkspalts von unter 2 mm im konventionellen Röntgenbild ist mit deutlich schlechteren Ergebnissen der arthroskopischen Versorgung vergesellschaftet.

Argumente für arthroskopische Verfahren gegenüber der primär endoprothetischen Therapie sind die geringeren Operationsrisiken insbesondere für ältere und multimorbide Patienten sowie das mögliche Herauszögern der endoprothetischen Versorgung und der Erhalt des Aktivitätsniveaus bei jüngeren und aktiven Patienten.

Millett et al. stellten 2011 die Comprehensive-Arthroscopic-Management (CAM)-Prozedur als gelenkerhaltendes Therapieverfahren bei fortgeschrittener Omarthrose vor. Dieses Vorgehen beinhaltet neben bereits zuvor in Studien beschriebenen Techniken das Débridement, die Chondroplastik, Synovialektomie, subakromiale Dekompression und die Entfernung etwaiger freier Gelenkkörper. Weiters ist Teil der CAM Procedure ein ausgedehnter kapsulärer Release zur Wiederherstellung der Beweglichkeit sowie optional die kombiniert fluoroskopisch und arthroskopisch kontrollierte Resektion der inferioren Osteophyten am Humeruskopf und die Neurolyse des N. axillaris bei Adhäsionen oder Kompression durch Osteophyten. Bei Bedarf erfolgt zusätzlich die Tenodese der langen Bizepssehne.

Die postoperative Nachbehandlung nach CAM-Prozedur beinhaltet unter initialer Nutzung eines interskalenären Schmerzkatheters und NSAR einen sofortigen Beginn der passiven und assistierten aktiven Bewegung. Nach zumeist 6 Wochen wird mit funktionellen Kräftigungsübungen z. B. unter Nutzung elastischer Physiotherapiebänder begonnen. Diese werden sukzessive aufgebaut bis zur Wiederaufnahme der normalen Aktivitäten und des vollen Sportniveaus nach zumeist 4 bis 6 Monaten.

Die bisherigen Studienergebnisse zeigen, dass durch gelenkerhaltende arthroskopische Verfahren (CAM Procedure) eine relevante Schmerzreduktion, Verbesserung der Beweglichkeit, hohe Patientenzufriedenheit und deutliche Herauszögerung der Endoprothesenversorgung erreicht werden können.

Petri, M., Meller, R., Spiegl, U. et al. Unfallchirurg (2015) 118: 586. doi.org/10.1007/s00113-015-0035-6

 

Kontakt:

aga-komiteeschello.at