PRESSEMELDUNG: Aufgepasst statt umgeknickt

PRESSEMELDUNG: Aufgepasst statt umgeknickt

Datum: 04.04.2016

Aufgepasst statt umgeknickt – Die Fachgesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA) klärt über Verletzungsrisiken am Sprunggelenk auf und gibt praktische Tipps zur Vorbeugung

Mit dem Frühling kommt auch die Lust auf Bewegung an der frischen Luft. Egal ob Joggen, Wandern, Golfen, Tennis oder auch nur Spazieren gehen, unser Bewegungsdrang steigt mit den länger werdenden Tagen. Denn mit dem zunehmenden Tageslicht schüttet der Körper auch vermehrt Serotonin aus, eines der sogenannten Glückshormone. Doch bei all der Lust auf Bewegung & Co. heißt es aufgepasst: Täglich knicken in Deutschland etwa 10.000 Menschen mit dem Sprunggelenk um. Das oft als Lappalie abgetane „Fuß verstauchen“ sollte nicht unter-schätzt werden, verursacht jedes stärkere Umknicken doch Verletzungen im Sprunggelenk. Nicht richtig auskuriert kann das Risiko für eine schmerzhafte Sprunggelenksarthrose im Alter steigen. Die AGA, Europas größte Fachgesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie, er-läutert häufige Verletzungsmuster am Sprunggelenk und ihre Therapiemöglichkeiten und gibt Tipps zur Vorbeugung langfristiger Gelenkschäden.


München, 05.04.2016 Das Sprunggelenk erfüllt eine entscheidende Funktion in unserem Be-wegungsablauf und dient der Beweglichkeit sowie der Stabilisierung des Fußes. Es besteht aus einem oberen und einem unteren Anteil. Bei einem Umknicken ist in der Regel nur der obere Anteil des Sprunggelenkes betroffen, also das Gelenk zwischen Schienbein und Wadenbein sowie dem Sprungbein.

Der Bewegungsablauf – ein Zusammenspiel von Muskeln, Sehnen, Bändern
Vereinfacht betrachtet ist das obere Sprunggelenk ein Scharniergelenk, mit dem zwei Haupt-bewegungsrichtungen ausgeführt werden können: Anheben des Fußes und Abdrücken vom Boden. Zum Auftreten wird der Fuß nach oben gezogen, so kann man mit der Ferse zuerst auf-kommen und dann kontrolliert abrollen (sogenannte Dorsalextension. Für den Abdruck vom Bo-den wird die Fußsohle und der Fußballen nach unten gedrückt (sogenannte Plantarflexion). Diese Bewegungen erfolgen im Zusammenspiel von Muskeln, Sehnen und dem Kapsel-bandapparat rund um das Sprunggelenk. Dabei stabilisieren diverse Bänder das Gelenk bei seinem physiologischen Bewegungsablauf. Knickt man nun mit dem Fuß um, kann der Kapsel-bandapparat gedehnt, angerissen oder komplett gerissen werden. Hier ist besonders häufig die Außenseite des Gelenkes mit seinen drei Bändern betroffen. Je nach Verletzung ist der Be-troffene häufig nicht in der Lage, zu gehen oder auch nur Gewicht auf den verletzten Fuß zu bringen. Anfänglich starke Schmerzen lassen in der Regel nach der ersten Stunde deutlich nach. Das Gefühl von Instabilität im Sprunggelenk ist dann längerfristig eine typische Folgeer-scheinung einer schwerwiegenden Bandverletzung.

Blutergüsse und Schwellungen weisen auf Verletzung hin
Bei der eigenen Einschätzung einer Verletzung ist Vorsicht geboten, denn das Schmerzempfin-den ist bei einer Sprunggelenksverletzung kein guter Indikator: Nicht immer stehen die Schmer-zen und die Schwere der Verletzung in direktem Zusammenhang. Wichtig ist es auch, auf die Bildung eines Bluterguss am Sprunggelenk als dringenden Hinweis für eine Gelenkkapsel- oder Bandverletzung zu achten. Auch kann die Schwellung des Sprunggelenkes einen Hinweis auf das Ausmaß der Verletzung geben. Hier gilt je mehr Schwellung, desto ausgedehnter die Ge-websverletzung. Nach einem schwereren Umknicktrauma sollte ein Arzt das Sprunggelenk un-tersuchen. Dabei kann die Art des Traumas (Supination oder Pronation) bereits wichtige Hinweise auf das zu erwartende Verletzungsmuster geben. In der Regel werden Röntgenbilder an-gefertigt, um eine knöcherne Verletzung auszuschließen. Bei Verdacht auf eine gravierende Band- oder Knorpelverletzung erfolgt die Überweisung zur Kernspintomographie.

Erstbehandlung nach dem PECH-Prinzip
Als Erstbehandlung des Umknicktraumas hat sich das PECH-Prinzip bewährt: Pause, Eis, Compression und Hochlagern. Dazu sollte das betroffene Bein unter Zuhilfenahme von Unter-armgehstützen entlastet werden. Eine lokale Kühlung hilft bei Schwellungen. Eine elastische Wickelung des geschwollenen Sprunggelenks sorgt durch Kompression für eine Reduktion der Schwellung. Die wichtigste Maßnahme ist jedoch, das Bein sofort hochzulegen. Dabei sollte es über Herzhöhe gebracht werden, damit der Blutrückfluss zum Herzen erleichtert wird.
Unter Ruhigstellung in einer Schiene, die das seitliche Verkippen im Sprunggelenk verhindert, dauert es ungefähr sechs Wochen, bis die Bänder ihre Reißfestigkeit zu 60 bis 70 Prozent wie-dererlangt haben. Wird zusätzlich Physiotherapie durchgeführt, kann in neun von zehn Fällen ein Resultat ohne weitere Instabilität oder Schmerzen erreicht werden.

Wer oft High Heels trägt sollte besonders auf Ausgleich achten
Beim Tragen von High Heels werden die vorderen Sehnen des Fußes gedehnt während die Wadenmuskulatur oft verkürzt. Wer nach vielen Stunden auf hohen Schuhen Sport machen will, sollte unbedingt erst einmal seine Füße durch Drehbewegungen lockern und die Zehen auf und ab bewegen. Überstrapazierte Sehnen, die beim Sport wieder stark gefordert sind, zeigen ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Auch hier hilft es eine Zeit lang barfuß zu gehen, um dem Fuß sei-nen natürlichen Bewegungsablauf zurückzugeben.

Umknicken vermeiden heißt gleichzeitig einer Arthrose vorbeugen
Jedes Umknicken verursacht Verletzungen am Sprunggelenk. Je häufiger man über die Jahre umknickt, desto größer ist das Risiko für verschleißbedingte Knorpelveränderungen (Arthrose). Aus gelegentlichen Schmerzen beim Sport aber auch im Alltag kann ein Dauerschmerz werden und in der Folge auch zu einer zunehmenden Bewegungseinschränkung am Sprunggelenk füh-ren. Selbst Autofahren kann für Betroffene dann sehr unangenehm werden.

Häufige Verletzungsarten am Sprunggelenk und ihre Behandlung

Umknicken nach außen
Sehr häufig treten bei einem Supinationstrauma (Umknicken nach außen) Verletzungen am Außenbandapparat des Sprunggelenks auf. Diese Verletzungen lassen sich in den allermeisten Fällen gut in der klinischen Untersuchung diagnostizieren. Es können ein oder mehrere Bänder gleichzeitig reißen und zu einer vermehrten Aufklappbarkeit am äußeren oberen Sprunggelenk führen.

Umknicken nach innen
Beim Pronationstrauma (Umknicken nach innen) kommt es häufig zu Innenbandverletzungen. Es können jedoch auch Kombinationstraumata und begleitende knöcherne Verletzungen vorliegen.

Syndesmosenverletzung
Die sogenannte Syndesmosenverletzung mit Zerreißen der Bandstruktur zwischen Wadenbein und Schienbein tritt ebenfalls häufig auf. Bei einem An- oder Abriss kommt es zu einer Schwel-lung oder einem Druckschmerz oberhalb des Sprunggelenks und die Belastung des Beines ist kaum mehr möglich. Diese Verletzung erfordert in der Regel eine operative Stabilisierung.

Verletzung der Peronealsehnen
Auch die sogenannten Peronealsehnen, die hinter dem Außenknöchel zum Fußaußenrand lau-fen, sind verletzungsanfällig. Sie haben die Aufgabe, den Fußaußenrand zu stabilisieren. Ange-spannt werden sie über einen Muskel, der bei einem Umknicken reflexartig reagiert und die Sehnen zur Stabilisierung des Sprunggelenks nach oben zieht. Bei einem Umknicktrauma wur-de der Fußaußenrand nicht genügend stabilisiert. Je nach Schweregrad des Traumas können die Peronealsehnen geschädigt sein. Liegt eine Schwellung hinter dem Außenknöchel gepaart mit einem Druckschmerz und Funktionseinschränkung vor, sollte eine Kernspintomographie zur Diagnosesicherung durchgeführt werden. Auch der Knorpel des Sprungbeins oder des Schien-beins bzw. Wadenbeins kann durch ein Umknicken geschädigt werden. Bei Knorpel- oder Knorpelknochenverletzungen berichten Betroffene oft über ein hörbares Knirschen oder auch Gelenkblockaden nach dem Unfall.

Knöchelbruch
Aber auch ein Bruch des Außenknöchels oder sogar beider Knöchel innen und außen sind mögliche Verletzungsmuster, die durch ein einfaches Umknicken entstehen können. Eine kon-ventionelle Röntgenaufnahme sollte daher Teil einer jeden ärztlichen Untersuchung sein.

Wann ist eine Operation sinnvoll?
Viele Brüche am Sprunggelenk müssen zeitnah nach einer Verletzung operativ versorgt wer-den, um die ursprüngliche Anatomie und eine einwandfreie Biomechanik des Gelenkes wieder herzustellen. Anders verhält es sich mit den Bandverletzungen des Sprunggelenkes: reine Au-ßenbandrisse werden heutzutage bei einem akuten Umknicktrauma im Normalfall konservativ mit einer Schiene behandelt. Die meisten Patienten werden keine Spätfolgen haben. In der Re-gel ist nur bei jenen Menschen, bei denen die Umknick-Ereignisse wiederkehren und sogar häufiger werden, eine Operation nach vorheriger erfolgloser Physiotherapie anzuraten.

Anders verhält es sich mit einem kompletten Riss des vorderen Syndesmosebandes oder bei luxierenden Peronealsehnen. Diese spezifischen Verletzungen des Sprunggelenkes brauchen meist eine Operation um stabile Verhältnisse zu erreichen.
Um die richtige Entscheidung bezüglich der Notwendigkeit einer Operation treffen zu können, sollte auf jeden Fall eine fachärztliche Abklärung mit entsprechender Bildgebung (Röntgen, MRT) erfolgen.

Verletzungsrisiko Fehlstellung
Ein stabiles und kräftiges Sprunggelenk ist eine wichtige Voraussetzung für alle Sportarten, die mit viel Laufen, Springen und Drehbewegungen verbunden sind. Liegt eine Fußfehlstellung vor, bleibt das Verletzungsrisiko beim Sport dennoch erhöht.

Bei einer normalen Fußstellung verteilt sich der Druck gleichmäßig über den Fuß. Bei einer so-genannten Supination bewegt sich der Fuß über den Fußaußenrand nach außen weg. In der Folge werden die Sehnen und Bänder an der Außenseite des Sprunggelenkes überdehnt und anfälliger, das Verletzungsrisiko für ein Umknicken steigt enorm. Hier kann ein Laufschuh mit ausgleichender Dämpfung und unterstützender seitlicher Führung helfen. Aber auch ein ver-stärktes Einwärtssinken des Fußes ist häufig vorhanden. Hier spricht man vom „pronierenden“ Fuß. Versierte Laufschuh-Hersteller bieten spezielles Schuhwerk zum Ausgleich dieser Fehl-stellung an. Da Fehlstellungen weit verbreitet sind, sollte beim Kauf von neuen Joggingschuhen daher unbedingt ein erfahrener Sportartikelhändler zu Rate gezogen werden. Auch computer-gestützte Analysen am Laufband werden inzwischen von einigen Geschäften angeboten und helfen bei der Auswahl des richtigen Schuhwerkes.

Liegen schwerwiegendere Fehlstellungen wie ein angeborener Klumpfuß (egal ob operativ oder konservativ behandelt), Sichelfüße oder andere Probleme vor, so kann unter Umständen eine spezielle Schuhanpassung oder Einlagenversorgung beim Orthopädietechniker eine sichere Sportausübung ermöglichen. Hier sollte vor Beginn mit dem Training auch ein Orthopäde auf-gesucht werden, um drohende Überlastungen frühzeitig zu erkennen.

 

Tipps zur Verletzungsprävention

1. Handy in der Tasche lassen
Wer laufen oder auch nur spazieren geht, sollte nicht parallel telefonieren oder sein Smartpho-ne benutzen. Unebenheiten im Boden, Randsteine, entgegen kommende Fußgänger, Radfah-rer, Rollerfahrer o.ä. sind bei Ablenkung ein Gefahrenpotential.

2. Passendes Schuhwerk beim Sport tragen
Jeder Sport hat sein eigenes Schuhwerk und das aus gutem Grund: Beim Joggen braucht der Läufer Profil für einen sicheren Tritt und um nicht auszurutschen. Außerdem ist es besonders bei Joggingschuhen wichtig auf die richtige Anpassung bezüglich eines von Natur aus pronie-renden oder supinierenden Rückfußes zu achten. Ein erfahrener Sportartikelhändler kann hier weiter helfen. Tennisschuhe hingehen brauchen die glatte Sohle, damit man bei einem abrup-ten Stoppen immer noch ein bisschen rutscht und den Schwung ausgleichen kann. Golfschuhe haben Spikes, mit denen man auch auf nassen Rasen nicht ausrutscht, usw. Einen Schuh für jeden Sport gibt es nicht!

3. Ausreichend Aufwärmen
Für jeden Sport und gerade draußen bei kühlen Temperaturen ist es wichtig, sich vorab aufzu-wärmen, am besten schon kurz vorher in geschlossenen Räumen. Dann langsam starten, so dass sich die Muskulatur gut erwärmen kann

.4. Konzentration auf die Sache
Den Körper beim Laufen ausbalancieren, konzentriert laufen, mit dem ganzen Fuß aufsetzen und bewusst abrollen. Wer nicht bei der Sache ist und seinen Gedanken nachhängt, dem kann es an der nötigen Körperspannung mangeln.

5. Stabilisationsübungen im Alltag
Neben speziellen Trainingsübungen kann man auch einfache Stabilisationsübungen in den All-tag einbauen. Zum Beispiel beim täglichen Zähneputzen auf ein Bein stellen und darauf achten, das Gewicht gleichmäßig auf den ganzen Fuß zu verteilen. Wem das zu leicht ist, der legt ein Kissen oder ein sogenanntes Wackelbrett unter den Fuß. Weitere Gelegenheiten zum Einbein-Stand bieten sich beim Warten auf den Bus, in der Schlange vor der Kasse, usw. an. Eine wei-tere Übung ist der Fersen- und Zehenspitzenlauf: Schuhe ausziehen und auf Socken 20m auf den Fersen durch die Wohnung laufen, pausieren und dann 2-3 Mal wiederholen. Das Gleiche zwischendurch auf den Zehenspitzen üben. So kräftigt man ohne viel Aufwand die Fußmuskula-tur und damit das Sprunggelenk.

6. Barfuß laufen
Enge oder hohe Schuhe begünstigen die Entstehung von Fußfehlstellungen. Regelmäßiges Barfußlaufen ist für eine gesunde Entwicklung des Fußes wichtig. Wer barfuß läuft, trainiert die Fußmuskulatur, da sich der Fuß an die wechselnden Bedingungen des Bodens anpassen muss.

Über die AGA, Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie
Die AGA ist die größte europäische Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie mit derzeit mehr als 4.400 Mitgliedern. Die Ziele der AGA sind unter anderem Nachwuchsförderung, Weiterbildung, Standespolitik im Zusammenhang mit der Arthroskopie und Gelenkchirurgie, Sicherung und Kontrolle der Qualität und die Unterstützung und Finanzierung von wissenschaftlichen und klinischen Projekten. Die AGA hat ihren Sitz in der Schweiz.www.aga-online.de

 

AGA – Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie
Sprecher des Vorstandes
PD Dr. Sepp Braun, Sportorthopädie, TU München
E-Mail: [email protected]
www.aga-online.de


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